Die Geschichte könnte aber auch
Schuster bleib bei deinen Leisten
Ein Experiment
Hässlich, aber süß
oder
Des einen Spott, des anderen Dank
heißen…
Montagabend wollte ich den beiden Schwestern ein kleines Kuscheltier nähen.
Stopp: Eigentlicher Plan seit einigen Wochen war es, der kleinen Schwester ein kleines Kuscheltier zu nähen, welches im Krankenhaus bei ihr bleiben kann.
Aber ich machte zu meiner Überraschung sehr schnell Bekanntschaft mit dem typischen Mutterkonflikt: DU KANNST NICHT DEM EINEN KIND ETWAS SCHENKEN UND DAS ANDERE LEER AUSGEHEN LASSEN! Gut, Planänderung – beide Schwestern bekommen ein kleines Kuscheltier. Wenn die Nähmaschine schon mal läuft, dann macht das ja auch nichts mehr aus, noch ein zweites zu nähen. Meine Wahl fiel auf den kleinen Eselfanten. Da ich mich von Ideen immer gleich in der Art inspiriert fühle, dass ich ALLES selbst machen will, musste also eine Zeichnung her. Nunja… in der Schule habe ich nicht ohne Grund meinen Opa für mich zeichnen lassen…
Das ist also der kleine Eselfant. Bis hier lief das alles noch recht flüssig, wenn auch leider etwas talentfrei. Das Hinterteil des kleinen Eselfanten sollte mit dem Namen des jeweiligen Geschwisterkindes verschönert werden. Gestickt natürlich. Wozu habe ich auch meine geliebte Stickmaschine…? Die Stoffwahl fiel auf einen weichen, flauschigen Teddyplüsch. Fehler Nummer 1, wie sich schnell herausstellte. Denn 1. ist alles, was man bisher unter dem Begriff “fusseln” kannte, ein Sch***dreck gegen diese Fusselei, die ein einfacher Schnitt mit den Rollschneider oder der Schere verursachte. Und 2. ist dieser Stoff so plüschig, dass am Ende von dem gestickten Namen nicht mehr viel sichtbar war, wenn sich die Zotteln des Eselfanten erstmal wieder aufgerichtet und wild in alle Richtungen gelegt haben. Daran änderte auch der 3. Stickversuch, in anderer Schriftart nichts. Aber: Wer A sagt, muss auch B sagen. Und ich war schon mittendrin. Aufhören / aufgeben ausgeschlossen. Immerhin hatte ich der Großen beim ins Bett bringen versprochen, dass sie am nächsten Morgen das kleine Kuscheltier bekommt. Blöd. Wirklich blöd von mir. Also malte ich nach dem Sticken das Schnittmuster auf dieses plüschige Etwas, nähte die Mundpartie aus Baumwolle fest, schenkte dem armen Tier Augen, nähte alles zusammen, wendete es, stopfte es mit Watte aus (sah mittlerweile selbst aus wie eine einzige Fluse) und schloss schlussendlich die Wendeöffnung.
Da war er nun fertig – mein erster Eselfant. Ich sah ihn an und war wirklich sehr, sehr traurig.
Er war hässlich. Furchtbar hässlich. Aber irgendwie auch süß.
Am nächsten Morgen dann das übliche Szenario: Der Mann verfolgt souverän sein morgendliches Programm – Bad – Dusche – Küche – Frau und Tochter wecken. Und er weiß, dass die beiden lieber noch kuscheln und sehr schwer aus dem Bett zu kriegen sind. Neuester Einfall vom großen Kind: MAMA, PAPA – ICH KLEBE FEST!!! Ich KANN nicht aufstehen. Ach Mama, ich bin soooo müde…! Wie gut, dass ich diesmal den Eselfanten als Ass im Ärmel hatte. Der übernahm also den Weckdienst. Das Kind war plötzlich hellwach, die Augen leuchteten und es säuselte mir ein ehrliches und aus tiefstem Herzen kommendes DANKE MAMA!!! entgegen. Sie hat sich offenbar so sehr gefreut, dass sie mich kurz danach drückte und küsste und noch einmal in einen Dankesrausch verfiel. Sehr ungewöhnlich, wo ich die Dreijährige normalerweise kurz erinnnern muss, dass das Wort überhaupt zu ihrem Wortschatz gehört. Sie freute sich. Ich freute mich (und fand die beiden Eselfanten trotzdem immer noch hässlich) und meine Welt war wieder ein bißchen mehr in Ordnung als noch wenige Stunden zuvor. Jetzt war ich sogar ein klitzekleines bißchen stolz. Ich erzählte dem Kind natürlich, dass ich auch einen Eselfanten für die kleine Schwester gemacht hätte. Sie wollte wissen, wie der aussähe und beschloss, dass ihrer aber viel hübscher sei als der ihrer Schwester… Genau mein Sonnenschein. Du hast den hübschesten Eselfanten auf der Welt! Auch wenn er eigentlich aussieht wie eine Kreuzung aus Dromedar und Nasenbär.
Ich für meinen Teil bleibe zukünftig lieber bei Eulen. Oder Kosmetiktäschchen. Oder Mützen und Loops. Aber das Kind war glücklich und schleppte den hässlichen Zottel am Ende sogar mit stolz geschwollener Brust mit in die Kita. Vielleicht ist dieses Experiement ja nicht gänzlich gescheitert…