Die Wahl des richtigen Outfits – Ein Drama in 3 Akten

Es hätte ein schöner Morgen werden können. Die Sonne ging auf, glänzte blutrot am Horizont, ging in ein sattes orange, dann in ein intensives gelb über, bevor sie in die eisgrauen Wolken eintauchte.

Das große Kind schlief die halbe Nacht bei uns, wühlte sich durch’s Bett, schlug Punkt 6:30 Uhr die Augen auf und schnatterte los, als hätte sie dringenden Nachholbedarf.

“Mama, ich möchte einen Kakao!”  
“Hmm, bringt Papa mit hoch, wenn er aus der Dusche kommt…”

Der Kakao wurde sofort serviert. Im Bett. Wo sonst um 6:30 Uhr? Ich döste weiter…

“ALLE!”

Und zack, hatte ich beinahe die Trinkflasche am Kopf.
Aus dem Bad surrte mittlerweile die elektrische Zahnbürste.

“Mama, ich will auch Zähne putzen!”
“Hmm. Dann geh zu Papa ins Bad. Und geh auch gleich auf Toilette.”

Wieder ein paar Minuten gewonnen zum Dösen. Hätte das Kind nicht kehrt gemacht, sich vor mir aufgebaut und den neuesten Geisteblitz geteilt:

“Mama, ich will als erste angezogen sein!”

Zugegeben, das ist nicht neu. Nur so bekommen wir sie an normalen Morgenden einigermaßen animiert, das kuschelige Bett zu verlassen. Der gute, alte Wettkampf-Geist zieht doch immer wieder…

Aber heute war kein normaler Morgen. Heute war der Morgen, an dem der Fotograf in die Kita kam.
Nichts besonderes. Richtig! Aber im Leben eines dreijährigen Mädchens DAS Highlight und Anlass für morgendlichen Aktionismus.

“Nein Papa, Mama macht das. Und Mama kämmt mich auch!”

Mein Mann und ich guckten uns ungläubig an. Ja, ich war mittlerweile aus dem Bett gerollt.
Beim Anziehen brauchte ich dann Gott sei Dank nicht assistieren. Graue Strumpfhose, graues Hello Kitty Langarmshirt und darüber ein wunderschönes – in Mädchenfarben gestreiftes – Strickkleid.

1. Akt

Leider kam sie nur bis zum Shirt und der Strumpfhose. Dann trübte sich der Blick.

“Ich will das Kleid nicht anziehen, Mama!” (Schmollmund und Dackelblick inklusive!)
“Mausi, das Kleid sieht so toll aus. Gestern warst du ganz begeistert davon. Und die anderen Mädchen in der Kita haben sicher auch ein Kleid an…!”
“Ich WILL das Kleid aber nicht anziehen!”

Es half nichts. Der Papa musste dazugeholt werden. Er bequatschte das Kind, das Kind zog das Kleid an und beide kasperten rum. Papa machte imaginäre Fotos von ihr, sie schmiss sich in Posen, die mir Sorgenfalten auf die Stirn zeichneten. So simpel war das also…
Die Haare durfte dann doch ich kämmen, Papa verließ das Haus, das große Kind durfte “noch 10 Minuten spielen”.

2. Akt

“Mausi, kommst du bitte? Wir müssen los!”

Ignorante Stille. Es ist 7:38 Uhr. Punkt 8 gibt es in der Kita Frühstück. Ich rolle also wieder die Treppe hoch. Das Kind – als hätte es auf diesen Moment gewartet – schmeißt sich auf den Boden! 

“Ich bin wuschelig. Ich will einen Zopf. Und will das Kleid nicht anziehen.”

Die Augen kneift sie dabei schon so fest zusammen, dass auch endlich ein Tränchen rauskullert.

“Gut, komm wir gehen ins Bad, ich kämme dich nochmal. Möchtest du einen Haarreifen aufsetzen?
“ICH WILL DIESES KLEID NICHT ANZIEHEN!” (Die Tränen haben den Staffelstab mittlerweile an die Rotzblasen übergeben…)

Ich setze mich auf den Badewannenrand und schaue dem Treiben amüsiert zu. Das Kind tobt, zetert, schmeißt sich zu Boden und bremst mit dem Hinterkopf an der Toilette. Jetzt sind die Tränen echt. Das scheint das Kind aber nicht zu interessieren. Es zetert weiter, stampft wütend zurück in ihr Zimmer, knallt die Tür (hmm, sie ist erst 3…) und schmollt laut schluchzend.
Ich – sehr genervt mittlerweile und mit der tickenden Uhr im Nacken – hinterher.

“Komm jetzt bitte. Wir müssen los. Wir haben keine Zeit mehr, uns was neues zum Anziehen auszusuchen. Gestern Abend fandest du das Kleid noch toll und hast darin getanzt. Wir nehmen eine Haarbürste und einen Haargummi mit in die Kita. Aber komm jetzt bitte.”

Sie kam natürlich nicht. Erst, als ich die Treppe runterging und drohte, allein loszufahren.

“Ich will eine Puppe mitnehmen!”

Gut, wenn es weiter nichts ist. Um 7:51 Uhr saßen wir endlich im Auto – Kind, Puppe und ich.

3. Akt

Punktlandung. In der Kitagarderobe treffen wir auf die Kita-Freundin, die – ein Geschenk des Himmels! – gerade ein Kleid über Strumpfhose und Langarmshirt zieht.

Daraufhin mein kleiner Tasmanischer Teufel mit Engelszünglein:
“Guck mal, was ICH für ein schööööönes Kleid anhabe!” (Die Hüfte schwänkt dabei nach links und rechts…)
Ich gucke ungläubig mein Kind an, kämme das wuschelige Haar wieder in Position und wähne mich in Sicherheit, als der Freundin einfällt, dass sie ihr Kleid nicht mag und es sofort ausziehen möchte…

o_O

Ring frei für der Tragödie 3. Teil…

Die Ausführungen spare ich mir. Mein Kind habe ich MIT Zopf und OHNE Kleid, dafür aber über beide Ohren strahlend im Gruppenraum abgegeben. Die verheulten, roten Augen fielen dabei fast gar nicht mehr auf. Der Erzieherin habe ich nur noch die Instruktionen “OHNE Zopf und MIT Kleid auf’s Foto” zugeflüstert und gemacht, dass ich an die frische Luft komme…

3 Kommentare on Die Wahl des richtigen Outfits – Ein Drama in 3 Akten

  1. Carolin Ciecka
    27/11/2013 at 10:22 (10 Jahren ago)

    Oh na auf solche "Mädchen-Probleme" 'freue' ich mich schon…der große schimpft immer nur, wenn das grüne Shirt nicht zur Jeans passt, denn es passt ja nur, wenn beides die gleiche Farbe hat -> Männerlogik 😉

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  2. Juliane Flickert
    08/02/2014 at 12:36 (10 Jahren ago)

    Ohje….ich musste deinen Beitrag sehr amüsiert lesen. Auf solche Szenen &quot;freue&quot; ich mich auch schon :-p Noch habe ich ja ein wenig Zeit. Meine Tochter ist erst 7 Monate alt. <br />Liebe Grüße Jule

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