Die unendliche Geschichte – Vom Warten und Geduldigsein

Wir sind immer noch hier. Unoperiert. Wer hätte das gedacht? Es ist der 10. Juli und die große OP wird von Termin zu Termin verschoben. Irgendwie gut. Der Mensch neigt ja schließlich bei unangenehmen Dingen zu einem Vermeidungsverhalten. Wir bekommen mit jedem Verschieben Zeit geschenkt. Wertvolle Zeit. Aber langsam nervt es auch. Und es kostet Kraft. Und ich bin einer der ungeduldigsten Menschen auf der Welt.

Die gute Nachricht vornweg: Hannah geht es gut. Sie hat immer noch gute, stabile Werte.
Aber nach anfänglichem Pferde scheu machen, dass die OP DRINGEND nach ihrem Herzkatheter am 25.5.14 gemacht werden müsse, wird diese nun fast 3 Monate (!!!) nach dem letzten Eingriff stattfinden.

Klappe, die Erste: Zeit für eine echte Geburtstagsparty!

Vorgeschlagener Termin damals war der 17.6. Das war mir aber zu dicht am Geburtstag der Großen. Ich wollte eine Party für sie. Einen Kindergeburtstag. Und eine unvergessliche Zeit, in der es mal nur um sie geht. Die Ärzte haben meinen Wunsch verstanden und als neuen Termin den 9.7. angesetzt. Ja, richtig. Gestern! Gestern habe ich dann zum ersten Mal daran gedacht, dass die OP heute stattgefunden hätte. Dass es jetzt losginge, dass sie jetzt schon vorbei wäre. Und am meisten daran, dass wir es JETZT schon hinter uns hätten. Sogar schon zum zweiten Mal. Doof irgendwie.

Aber dafür hatte die Große einen tollen Kindergeburtstag, sie sprudelte fast über vor Glück, bekam ihre Prinzessinnen-Party, das lang ersehnte Hochbett, einige Tage später nochmal eine riesengroße Familienfeier mit über 30 Personen. Es waren für uns anstrengende und für sie unendlich glückliche Tage und mir wurde mittendrin immer wieder bewusst, wie dankbar ich war, dass wir ihren 4. Geburtstag frei von quälenden Gedanken und Sorgen feiern konnten.

Die stundenlange Vorbereitung hat sich gelohnt – die Regenbogentorte – oder wie die große im My Little Pony Stil sagte: Die Rainbow-Dash Torte war ein voller Erfolg!

Der Geburtstags-Sonnenschein

…und das war erst der Anfang! Wir müssen anbauen…

Erschöpft, aber glücklich. Der Ausklang einer gelungenen Feier

Klappe, die Zweite… Zeit für Urlaub!

Der Termin am 9.7. war eigentlich mit allen Ärzten besprochen und für mich klang das alles sehr verbindlich. Dann bekam ich jedoch Anfang Juni die Einbestellung zur Herzoperation aus dem Herzzentrum und fiel fast vom Stuhl, als ich den aufgedruckten Termin las: 28. Juli! Ich schwankte in dem Augenblick zwischen Freude (mal wieder Zeit gewonnen, denn eigentlich will ich um das ganze Thema ja einen großen Bogen machen) und einem latenten Genervtsein. Ich habe vor einigen Monaten mal gesagt, dass ich glaube, dass ich mir irgendwann wünschen werde, dass die OP endlich stattfindet, weil die Warterei und vor allem die Grübelei einen zerfrisst. Und dieses Gefühl mischte sich Anfang Juni erstmals unter die eigentliche Freude, dass wir nochmal 3 Wochen länger Zeit haben. Grund für den erneuten Terminwechsel war, dass der Professor selbst operieren wolle.
Ein gutes Zeichen wie ich fand. Und Hannahs Werte scheinen diesen Aufschub ja gerechtfertigt zu haben.

Je länger ich drüber nachdachte, desto besser und vor allem praktischer fand ich den neuen Termin. Wir hatten im Januar vorsorglich unseren Sommerurlaub storniert. Keiner wusste schließlich, wie die kommenden Monate werden würden, wann die OP sein würde und ob das zeitlich alles so passt, wie wir unseren Urlaub eigentlich gebucht hatten. Durch die Tatsache, dass die OP nun bereits ein 2. Mal veschoben wurde, waren die Karten plötzlich neu gemischt und binnen Sekunden beschloss ich, dass wir nun doch eine von eigentlich 3 geplanten Wochen verreisen könnten. Und je länger ich über die Planung und Organisation nachdachte, desto mehr Vorteile fielen mir ein. Wir würden nicht nur eine Woche als Familie Urlaub machen, sondern wir könnten die Große im Anschluss sogar noch weitere 3 Wochen bei meiner Familie im Urlaub lassen, damit sie von all dem OP-Trubel zu Hause nichts mitbekäme. Eigentlich ganz praktisch. Wir hätten so lange im Herzzentrum bleiben können wie wir wollten. Und hätten uns nicht Gedanken machen müssen, wer wann rechtzeitig zu Hause ist, um die Große ins Bett oder in die Kita zu bringen. Hätte, hätte, Fahrradkette…

Klappe, die Dritte:  Zeit für noch mehr Urlaub!

Und dann kam Anfang Juli plötzlich der Anruf aus dem Herzzentrum. Der Professor sei zum geplanten OP Termin im Urlaub. Aha. Hmm. Ok. Was ich nun machen wolle. Ich sollte das nicht ernsthaft entscheiden müssen, oder? Ich war in dem Moment wirklich fertig mit der Welt. Ich hatte mich auf den Termin Ende Juli eingestellt, alles geplant und organisiert und mich gedanklich damit auseinander gesetzt, dass es nun keinen Ausweg mehr gäbe. Endlich keinen Ausweg mehr. Denn das Näherrücken erschien mir mittlerweile als Erlösung aus der ganzen Warterei. Und dann das. Ich bat das Sekretariat zu klären, ob ein erneutes Verschieben medizinisch vertretbar sei. Denn nur das zählte am Ende ja als Entscheidungskriterium. Am Tag drauf kam der Anruf. Medizinisch sei es unbedenklich. Die OP würde irgendwann nach dem Urlaubsende (Anfang August) stattfinden.
Ich überlegte nicht lange und beschloss, aus der Not mal wieder eine Tugend zu machen. Statt einer Woche wurden nun 2 Wochen Urlaub gebucht. Mit dem OK der Ärzte natürlich.
Ich freue mich auf die Möglichkeit, nochmal rauszukommen. Abschalten zu können. Uns als Familie fernab des Alltags genießen zu können. Aber irgendwie bin ich auch unruhig. Ein bißchen. Denn der Stent in Hannah’s Herzen ist nur ein Provisorium und das Fahrwasser, in dem wir uns seit ihrer Geburt bewegen nicht ganz ungefährlich.

Der endgültige Termin steht fest. Und mal wieder eine Überraschung.

Gestern teilte man mir dann den endgültigen Termin mit. Die OP wird erst in KW 34 stattfinden. Ich habe kurz Schnappatmung bekommen. Ich hatte mit JEDEM Termin Anfang August gerechnet, aber nicht damit, dass es jetzt nochmal knapp 6 Wochen bis dahin sind!
Aber auch hier gibt es eigentlich nur eine Kernaussage des Herzzentrums: Aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen, dass die OP erst so spät stattfindet. Na gut. Aber dann bitte wirklich. Dieses Hin und Her kostet Nerven und Kraft. Und so sehr ich auch versuche, nicht an das zu denken, was noch vor uns liegt, so sehr holt es mich dann doch immer wieder ein. Spätestens dann, wenn mir jemand nett gemeint sagt, wie gesund Hannah doch aussähe. Ja verdammt. Das tut sie. Sie ist ein großes, propperes und sehr agiles Baby. Und trotzdem ist die ganze Situation alternativlos. Zum Glück irgendwie. Sonst hätte ich schon längst meine Tasche und sie genommen und wäre vor der OP weggelaufen.
Ich versuche mich gerade damit zu trösten, dass ich in ein paar Monaten oder Jahren nur noch an die Momente zurückdenken werde, die mich in dieser Phase glücklich gemacht haben und die mir Kraft gaben. Der ganze Druck und Stress wird dann vergessen sein. Hoffentlich.

Und jetzt heißt es ABSCHALTEN. Urlaub. Ich melde mich! Genießt den Sommer und drückt uns die Daumen!

Dieser Ausblick gehört bald wieder uns! Holland wir kommen!

2 Kommentare on Die unendliche Geschichte – Vom Warten und Geduldigsein

  1. Ivi
    10/07/2014 at 14:42 (10 Jahren ago)

    Oh Gott dachte ich bei jedem neuen Termin, als ich den neuesten Blog las (erst gestern in einer Zeitschrift entdeckt, heute schon die Info´s, die mich bewegten)…Ich hoffe, dass es nun tatsächlich der ersehnte Termin ist und bleibt!!! Alles alles Liebe und Gute hierfür und nun einen tollen Urlaub!

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  2. Anonymous
    04/08/2014 at 13:07 (10 Jahren ago)

    Ich habe den sehr berrührenden Artikel über die unendlich süße Hannah in zwei Zeitschriften gelesen. Ich wünsche euch sehr, dass der Termin nun endlich eingehalten wird und das Warten und Bangen bald ein glückliches Ende hat. Ihr habt schon soviel gemeinsam durchgestanden. Ihr schafft das!!! Viel Glück!!!

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